PM: Polizei kriminalisiert gezielt Antifaschist:innen – Über 100 Verletzte nach Angriffen durch Polizist:innen

Am 26.06. demonstrierten rund 8.000 Personen in Düsseldorf gegen die geplante Einführung des neuen Versammlungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen. Sie waren dem Aufruf vom breiten Bündnis "Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten" gefolgt, welches in dem Gesetzentwurf eine Gefahr für die Demokratie und die Versammlungsfreiheit sieht. Im Verlauf der Demonstration kam es zu massiven Angriffen der Polizei auf Journalist:innen und Demonstrant:innen und zu einer gezielten Kriminalisierung von Antifaschist:innen.

Die Demonstration war in mehrere Blöcken aufgeteilt. "Ohne gerechtfertigten Grund hat die Polizei direkt zu Beginn damit begonnen, den Antifa-Block im Spalier eng zu begleiten.", kritisiert Marie Thiele, Pressesprecherin von Antifa.NRW das Auftreten der Polizei. Schon auf den ersten wenigen hundert Metern stoppte die Polizei den Block immer wieder und verhinderte so, dass sich die Demonstration überhaupt in die Innenstadt bewegen konnte. "Im weiteren Verlauf der Demonstration griff die Polizei unter dem Vorwand von angeblich zu hoch gehaltener Transparente, "Vermummung" durch OP-Masken und vereinzelter Pyrotechnik den Demonstrationsblock mehrfach mit grober Gewalt an. Die Polizei hat hier weder auf Deeskaltion noch Verhältnismäßigkeit geachtet. Über 100 Verletzte, davon acht im Krankenhaus, stehen in keinem Verhältnis zu den vorgeworfenen Taten."

Im Zusammenhang der Maßnahmen gegen die Demonstrierenden wurden auch Journalist:innen, unter anderem von der DPA, von der Polizei angegriffen. "Wir verurteilen diesen Angriff auf die Pressefreiheit scharf. Die Aufgabe der Polizei ist es, Journalist:innen zu schützen und ihre Berichterstattung zu ermöglichen. Wie soll sich die Allgemeinheit sonst ein Bild von dem Geschehen und auch von polizeilichem Fehlverhalten machen?", so Thiele. Im Internet kursieren Videos davon, wie Polizist:innen Teilnehmende in Tiefgaragen zerren, diese dort verprügeln und das Filmen der Maßnahme untersagen. "Die Polizei versucht sich mit solchem Verhalten der demokratischen Kontrolle zu entziehen. Mit dem neuen Gesetz werden diese Möglichkeiten ausgeweitet", so Thiele weiter. "Es gibt keine unabhängige Kontrolle der Polizei. Anzeigen wegen Polizeigewalt enden immer wieder darin, dass die Opfer eine Gegenanzeige bekommen."

Im weiteren Verlauf trennte die Polizei den Antifa-Block vom Rest der Demonstration ab und wertete ihn anschließend nicht mehr als Teil des Demonstrationsgeschehens. Dem übrigen Teil der Versammlung bot sie an, ohne den Antifa-Block weiterzulaufen. "Die Polizei hat entschieden, dass der Antifa-Block kein Demonstrationsrecht mehr besitzt. Damit übersteigt sie eindeutig ihre Kompetenz: Die Polizei darf nicht entscheiden, wer demonstrieren darf und wer nicht", betont Thiele

Anstatt dem Antifa-Block den Anschluss an die anderen Blöcke zu erlauben, hielt die Polizei die Menschen bis in die Tiefe Nacht abgetrennt von den anderen Teilnehmenden der Demonstration fest und begann, von allen Fotos anzufertigen und die Personalien zu erfassen. Thiele dazu: "Die gezielte Feststellung von Personalien des Antifa-Block ist eine gewollte Kontrolle und Überwachung antifaschistischer Aktivist:innen durch Polizei und Staatsschutz, welche besonders vor dem Hintergrund flächendeckender rechter Strukturen innerhalb der Sicherheitsbehörden betrachtet werden muss. Diese Einschüchterungstaktik der Polizei lassen wir uns nicht gefallen! Wir bleiben solidarisch gegen die Repression durch den Polizeiapparat."

Die Eskalation der Polizei muss dabei als Disziplinierungsversuch verstanden werden, mit dem entschlossenes Auftreten und konsequente Politik gegen Neonazis unterbunden werden soll. "Aktive Antifaschist:innen, die sich entschlossen gegen gesellschaftliche Problemen stellen, sind der Polizei und der konservativ-wirtschaftsliberalen Koalition in Düsseldorf ein Dorn im Auge. Gerade, weil dieser Aktivismus deren Politik im Weg steht." so Thiele. "Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass das gewalttätige und rechtsbrüchige Verhalten der Polizei aus dem Innenministerium und vom Ministerpräsidenten gewollt und gedeckt ist."

Das neue Gesetz soll die Proteste von der Antifa-, über die Klimagerechtigkeitsbewegung bis zu Gewerkschaften sowie gemeinsame Auftritte von Fußballfans kriminalisieren und in der derzeitigen Form unmöglich machen. Der Entwurf sieht Versammlungen allgemein als Gefahr, die es zu verhindern gilt. Daher ist unter anderem geplant, die Polizei mit weitreichenden neuen Befugnissen auszustatten. "Das Gesetz kann als Entkriminalisierung der aktuellen fast schon systematischen Rechtsbrüche der Polizei auf Demonstrationen verstanden werden. Wir haben nun einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie die Polizei zur Versammlungsfreiheit steht, als sie diese einem großen Teil der Demonstration eigenmächtig verwehrt hat. Wir brauchen also nicht mehr Versammlungseinschränkungen und Rechte für die Polizei, sondern mehr Freiheiten für Proteste und eine stärkere Kontrolle der Polizei sowie eine grundlegende Polizeireform." so Thiele abschließend.

Kontakt: Marie Thiele, Pressesprecherin / E-Mail: info@antifa.nrw

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